Interview: Immunität beginnt im Mund, mit Jeroen de Haas
Der Orthomolekular-Therapeut Jeroen de Haas ist vom Immunsystem und insbesondere vom Mikrobiom im Mund fasziniert. Er erklärt, was wir selbst tun können, um unser Immunsystem zu stärken. Wir lüften einen Zipfel des Schleiers: Ihr Darm spielt eine wichtige Rolle, aber Ihr Immunsystem beginnt im Mund!
Über Jeroen de Haas
- Allgemeinmedizinische Ausbildung
- Orthomolekularmedizin, Eigene Praxis in Haarlem
- Ehemaliger Vorsitzender der MBOG (Gesellschaft zur Förderung der Orthomolekularmedizin)
Interview:
Jeroen, woher kommt Ihr Interesse am Immunsystem?
Seit es mehrzellige Lebewesen gibt, leben wir mit Viren und müssen Abwehrmechanismen gegen sie entwickeln, wir haben also ein sehr altes Immunsystem. Wir bezeichnen dies als angeborenes Immunsystem. In unserem Körper befinden sich nicht weniger als 38.000 Millionen Viren. Und das ist nur ein Teil davon. Wir haben auch noch zahlreiche andere Dinge wie Bakterien und ein Mikrobiom, und darauf kommen wir später noch zurück. Es gibt auch Stoffe, die in den Körper eindringen können, die keine Bakterien oder Viren oder Parasiten oder Pilze sind. Und darauf reagiert das Immunsystem ständig. Ein gutes Immunsystem ist die Grundlage für ein gesundes Leben. Das ist so faszinierend und enorm kompliziert. Noch weiß man nicht alles über das Immunsystem, und es gibt ständig neue Erkenntnisse. Dadurch ist es faszinierend, dies alles zu verfolgen. Täglich erscheinen neue Studien über das Immunsystem und auch über das Thema, dem meine Faszination gilt: das Mundmikrobiom. Dieses hat schlussendlich einen sehr großen Einfluss auf die Gesundheit.
Welchen Einfluss hat das Mundmikrobiom, und was hat es mit dem Darmmikrobiom zu tun?
Das Darmmikrobiom deckt auf natürliche Weise einen Großteil der körpereigenen Abwehrkräfte ab. An einer Schwachstelle muss man die stärksten Abwehrkräfte einsetzen. Und im Körper ist dies der Darm, weil er Zugang zum restlichen Körper bietet. Wenn man sich den Darm ansieht und einen Schritt zurück macht, landet man beim Mund. Dort befinden sich mehr als tausend Bakterienarten. Diese sorgen bereits für einen Teil der Verdauung und für unsere Mundgesundheit. Andererseits sorgen Sie auch für unsere Abwehr. Unsere Immunität beginnt also im Mund. Wenn im - äußerst subtilen - Gleichgewicht des oralen Mikrobioms etwas schiefläuft, kann dies der Beginn der Entwicklung von „systemischen Krankheiten“ sein. Dazu gehören Krankheiten wie Rheuma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar Morbus Alzheimer. Die Alzheimer-Krankheit tritt immer öfter auf, unter anderem deshalb, weil wir immer älter werden. Die Belastung, die dies mit sich bringt, ist gigantisch. Das Mindeste, was man tun kann, ist also, präventiv dafür zu sorgen, dass das orale Mikrobiom in guter Verfassung ist.
Wie kann man für ein gesundes Mundmikrobiom sorgen?
Zunächst ist es wichtig, so wenig raffinierten Zucker wie möglich zu essen. Das weiß man, denn vom Zahnarzt hört man immer: Nicht zu viel naschen und nicht zu viel Säure.
Auch für die Innenseite der Zähne ist es wichtig, dass der Status einiger Vitamine in Ordnung ist. Und das hat ein Kieferchirurg bereits im vorigen Jahrhundert entdeckt. Er untersuchte verschiedene Völker mit einer guten Mundgesundheit und fand heraus, dass sie alle genügend Vitamin A, D und Vitamin K2 hatten.
- Derzeit haben viele Menschen einen Mangel an Vitamin A. Ich sehe das in meiner eigenen Praxis, und man kann es auch in öffentlichen Studien nachlesen. Vor allem bei Mädchen im Alter von etwa 12 bis 18 Jahren gibt es einen Mangel. Ein Grund dafür ist unter anderem, dass wir weniger Organfleisch essen. Auch die Popularität der vegetarischen und veganen Ernährung spielt dabei eine Rolle. Aber genau dieses Vitamin A ist so wichtig für eine gute, von innen wirkende Mundgesundheit.
- Vitamin D ist ohnehin unbestritten wichtig für die Immunität.
- Vitamin K2 ist weniger bekannt, aber ebenfalls sehr wichtig für die Mundgesundheit. Darüber hinaus ist es wichtig für die Blutgefäße.
Um eine gute Mundgesundheit zu haben, muss man also weniger Zucker essen, viele Vitamine zu sich nehmen und sich natürlich um eine gute Mundhygiene kümmern. Das bedeutet, dass man seine Zähne gut putzen und Zahnseide verwenden muss, insbesondere zwischen den Taschen. Oder eventuell Zahnstocher. Und das geht am besten mit hölzernen Zahnstochern.
Also nicht mit Bürstchen?
Lieber nicht, ich werde Ihnen erklären, warum. An diesen Bürstchen befinden sich Kunststoffpartikel, die beim Putzen in die „Taschen“ zwischen den Zähnen gelangen können. Bestimmte Bakterien finden es ideal, sich an diesen Plastikteilchen festzusetzen. Wenn Sie zum Beispiel im Sommer ein Boot im Wasser liegen lassen, bildet sich nach einiger Zeit auf der Unterseite eine grüne Biofilm-Schicht. Und bestimmte Bakterien mögen es, so eine Biofilm-Schicht zu erzeugen und sich darin aufzuhalten. Und in dieser Biofilm-Schicht im Mund kann es ein paar Hooligans geben, ein paar wirklich unangenehme Bakterien. Eines davon ist beispielsweise Porphyromonas gingivalis. Dieses Bakterium wird mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht. Wie genau funktioniert das? Wenn sich diese Bakterien im Mund befinden und man ein schwaches Immunsystem hat, können sie über das Zahnbein in den Blutkreislauf gelangen. Man kann die Bakterien auch verschlucken, und wenn man eine schlechte Abwehrkraft hat, gelangen sie in die Blutbahn und machen sich auf den Weg zum Gehirn. Wenn auch dort die Abwehrkraft schwach ist, können sich diese Bakterien im Gehirn festsetzen. Das Gehirn spürt, dass etwas nicht stimmt, und löst eine Entzündung aus, die schließlich zu Schäden an den Gefäßen führt. So entsteht dann und das sorgt schlussendlich dafür, dass die Löcher abgedichtet werden, um es schlicht auszudrücken, und so entsteht die Alzheimer-Krankheit. Wenn man also daran denkt, wie es beginnt, kann sich eine unangenehme Hooligan-Bakterie im Mund befinden, und diese kann zum Gehirn transportiert werden, wodurch Sie schlussendlich langfristig eine schwere Krankheit bekommen können. Eine schwere Krankheit, die stets häufiger vorkommt.
Das ist ein gutes Plädoyer für eine sorgfältige Mundhygiene und einen guten Vitaminstatus im Körper: Mit einer sorgfältigen Mundhygiene halten Sie Hooligans fern. Falls sich diese doch Zutritt verschaffen, ist eine gute Abwehr im Verdauungssystem erforderlich.
Das, und beispielsweise Probiotika, die im HNO-Bereich funktionieren, können ebenfalls hilfreich sein. Absolut nicht sinnvoll sind Mundspülungen. Also antiseptische oder antibakterielle Mundspülungen. Gut ist dagegen kolloidales Silber. Dieses Silberwasser kann helfen, das Gleichgewicht im Mund wiederherzustellen. Nicht zu viel, aber gelegentlich ist es sehr gut. Manchmal kann auch Ölziehen sinnvoll sein, zum Beispiel mit Kokosnussöl. Das bedeutet, dass man das Öl in den Mund nimmt, eine Weile damit spült und es dann wieder ausspuckt. Zu guter Letzt ist es auch ratsam, die Zähne gelegentlich mit Aktivkohle-Zahnpasta zu putzen, um „schlechte“ Bakterien zu binden. Diese enthält kleine Partikel, die sich gut an Bakterien anhaften und sie abtransportieren können.
Welche Expertise haben Sie im Hinblick auf das Immunsystem?
Ich habe das Darmmikrobiom sehr intensiv studiert, ich besuche auch internationale Kongresse zu diesem Thema und ich lese jeden Tag Publimed. Das ist eine öffentliche Datenbank wissenschaftlicher Forschungen, auf die jedermann zugreifen kann. Und wenn man dort bestimmte Stichworte über das Immunsystem eingibt, beispielsweise Darmmikrobiom oder Mundmikrobiom, findet man zahlreiche Studien. Viele davon sind sehr gute Studien, die man in der Praxis nutzen kann. Und so arbeite ich auch in meiner eigenen Praxis in Haarlem.
Was ist das Immunsystem eigentlich, was gehört dazu und was müssen wir uns darunter vorstellen?
Es ist sehr kompliziert, aber ich kann kurz erklären, woraus es besteht.
Zunächst einmal haben wir das angeborene Immunsystem. Das haben wir im Laufe der Evolution geerbt. Und dort gibt es verschiedene Stoffe und Produkte, die vom Körper zum Zweck der Abwehr produziert werden. Denn wenn ein Baby auf die Welt kommt, muss es natürlich bereits ein Abwehrsystem haben, da es sofort von allen Bakterien umzingelt wird. Wenn man noch ein sehr gutes, frisches angeborenes Immunsystem hat, funktioniert die Abwehr noch sehr gut. Unter anderen von der Mutter bekommt man zahlreiche Immunstoffe. Deshalb ist auch das Stillen so wichtig. Es ist auch wichtig, dass die Mutter gesund ist. Das angeborene Immunsystem muss genauso wie ein Kind „in die Schule gehen". Zuerst in den Kindergarten, dann in die Grundschule und schließlich ins Gymnasium, und auch danach lernt es ständig dazu. Wann immer das Immunsystem mit etwas Neuem konfrontiert wird, reagiert das angeborene Immunsystem. Und dann reagiert auch das erworbene Immunsystem (besagte „Schule“) darauf, was immer eine verzögerte Reaktion ist. Bei einem Virus, das relativ neu im Körper ist, wirkt das angeborene Immunsystem mit einer Vielzahl von Substanzen darauf ein. Das sind Zytokine, Inflammazome, Interleukine - allesamt schwierige Stoffe. Damit wird eine ganze Kettenreaktion in Gang gesetzt, ein wirklich fantastisch schönes System.
Danach muss der Körper lernen, mit diesem seltsamen kleinen Virus umzugehen. Und dann tritt das erworbene oder lernende Immunsystem auf und erzeugt zu einem bestimmten Zeitpunkt Antistoffe dagegen. Das sind zuerst so genannte B-Zellen und dann T-Zellen. Diese B- und T-Zellen sind ein Bestandteil des erworbenen Immunsystems. Auf diese Weise lernt der Körper ständig, mit allem umzugehen, was von außen kommt. Wir haben gerade über Viren gesprochen. Aber beispielsweise bei Kunststoff (von dem ich bereits in Bezug auf den Mund gesprochen habe) hat sich mittlerweile bereits gezeigt, dass unser Immunsystem darauf reagiert. Es befindet sich viel Kunststoff in den Ozeanen und folglich auch in unseren Fischen. Auch in beispielsweise Karotten wurde bereits Kunststoff nachgewiesen, weil dieser im Grundwasser vorhanden ist. Also haben wir eigentlich in einem Zeitraum von 60 Jahren dafür gesorgt, dass wie wieder einen neuen toxischen Stoff für unseren Körper produzieren, denn wir nehmen ihn auf. Letztes Jahr wurde an der Universität Amsterdam nachgewiesen, dass sich Kunststoff im Blut von Menschen befindet. Und wir wissen noch nicht, welche Auswirkungen das haben wird. Aber wir wissen, dass das Immunsystem immer reagiert, auch auf diese Kunststoffe. Wenn Sie zum Beispiel kleine Kinder haben, die bereits Asthma haben, werden diese noch stärker asthmatisch, weil Sie anfälliger für Entzündungen werden. Das Immunsystem reagiert also genau auf diese Verunreinigungen, d. h. auf Stoffe, die von außen in den Körper gelangen, und will etwas dagegen tun. Das Immunsystem reagiert darauf oft mit einer Entzündungsreaktion, und dabei kann es über sein Ziel hinausschießen. Das Immunsystem arbeitet sehr gut gegen Viren, Bakterien und Parasiten, aber irgendwann kann es auch übertreiben. Und dann entsteht eine Autoimmunkrankheit. Und das bedeutet, dass das Immunsystem gegen sich selbst kämpft. Mittlerweile sind bereits mehr als 100 Autoimmunkrankheiten bekannt. Vor einigen Jahren waren dies viel weniger.
Haben auch Allergien und Unverträglichkeiten etwas damit zu tun?
Ja, das sind oft mehr Reaktionen, die mit B-Zellen in Zusammenhang stehen. Und dagegen kann man relativ einfach etwas tun. Eine Studie des Wilhelmina-Kinderkrankenhaus im Jahr 2009 zeigte beispielsweise, dass Probiotika sehr gut das Management, also „die Steuerung" des Immunsystems übernehmen können. Bei Kindern mit Allergien (die A-Krankheiten: Allergien, Asthma, atopisches Ekzem) sieht man dann beispielsweise, dass sich diese durch die Einnahme von Probiotika lindern lassen.
Um den Darm zu schützen, damit sich dieser besser wappnen kann und weniger über sein Ziel hinausschließt?
Sicher, und für die Liebhaber: Es besteht immer eine Diskrepanz zwischen T1 und T2, und es gibt ein Regulierungssystem, das T-reg heißt, und dieses System kann sehr gut durch Probiotika beeinflusst werden. Das geht aus dieser Studie hervor, der Panda-Studie. Also können wir sehr wohl einiges für das Immunsystem tun.
Das ist vielversprechend. Man hat also nicht definitionsgemäß ein schlechtes oder gutes Immunsystem, sondern man kann versuchen, es zu verbessern.
Ganz sicher.
Wie merkt man, dass das Immunsystem etwas geschwächt ist oder unter Druck steht? Wie merkt man, dass es an der Zeit ist, etwas dagegen zu tun?
Es soll kein bitteres Gespräch werden, aber wenn man sieht, was in der letzten Zeit an Stoffen auf uns zukommt, beispielsweise aufgrund der Luftverunreinigung und neuer Viren ... Eigentlich ist die Tatsache, dass das Immunsystem mit einem neuen Virus nicht so gut umgehen kann, ein Zeichen der Schwächung. Und dann sieht man natürlich, dass dies vor allem bei älteren Menschen der Fall ist. Bei älteren Menschen - und das ist teilweise auch ein natürlicher Prozess - tritt die Immunoseneszenz oder Immunalterung auf, und das bedeutet, dass man in höherem Alter ein immer weniger gutes angeborenes Immunsystem bekommt. Genauso wie jemand graue Haare bekommt, wird auch das Immunsystem gleichermaßen grau. Aber auch dagegen kann man etwas tun. Wir werden immer älter, aber die Frage ist: Werden wir auch gesund älter? Das ist eine wichtige Frage. Die Lebensqualität ist sehr wichtig, und deshalb muss man dafür sorgen, dass das Immunsystem wachsam bleibt.
Eines der wichtigsten Dinge für das Immunsystem ist Fischöl, das ist wirklich die Basis. Essen Sie also fetten Fisch, vor allem zum Beispiel, wenn es wieder in Richtung Winter geht. In fettem Fisch ist auch etwas Vitamin D enthalten, das ebenfalls wichtig ist. Essen Sie also fetten Fisch oder - wenn Sie das nicht wollen oder können - nehmen Sie Fischölkapseln ein. Wenn Sie Vegetarier oder Veganer sind, können Sie sich für Algenöl entscheiden. Aber es ist eine äußerst wichtige Basis für unser Immunsystem. In den Niederlanden und in Flandern ist der durchschnittliche Omega 3-Index - das ist das Ausmaß, in dem jemand Omega 3-Fettsäuren in seinen roten Blutkörperchen hat - eigentlich zu niedrig. Wir liegen durchschnittlich ungefähr bei 4,5, während dieser Index für eine gute Gesundheit eigentlich 8 betragen müsste. Also müssen wir einiges aufholen. Essen Sie fetten Fisch: Sardinen, Makrele usw. Wenn Sie das nicht können oder wollen oder es Ihnen nicht schmeckt, ist auch ein Nahrungsergänzungsmittel mit Fischöl möglich, wobei dieses jedoch hochwertig sein muss.
Und warum ist das so wichtig für das Immunsystem?
In Covid-Zeiten hat man öfter vom Zytokinsturm gehört. Das ist eine Überreaktion des Immunsystems. Wir wissen, dass die aktiven Verbindungen in Omega-3-Fettsäuren - das sind EPA und DHA - dafür sorgen können, dass ein solcher Zytokinsturm unter Kontrolle bleibt. Damals sah man in den Intensivstationen, dass gerade Menschen mit einem niedrigen Gehalt an Omega 3-Fettsäuren diese Art von Reaktionen entwickelten. Und dabei können diese Stoffe auch Entzündungen entgegenwirken und hemmen. Und eine Entzündungsreaktion ist immer eine Äußerung des Immunsystems.
Und teilweise ist das natürlich auch gut.
Das ist gut, weil wir wissen, dass bei einer Verletzung mit einem rostigen Nagel eine Schwellung entsteht, die rot wird, eventuell Eiter austritt, Schmerzen entstehen und man möglicherweise etwas Fieber bekommt. Das ist an sich eine sehr gute Reaktion des Körpers. Es ist nicht so angenehm, aber ist es ist durchaus positiv. Wenn man alles ruhig halten möchte, sind Omega 3-Fettsäuren äußerst wichtig.
Damit der Körper einfach nicht übertreibt.
Genau.
Gibt es spezielle Tipps für bestimmte Gruppen - z.B. worauf kleine Kinder oder ältere Menschen oder Erwachsene mehr oder weniger achten müssen?
Ja, absolut. Ich habe es gerade gesagt, wenn wir bei den älteren Menschen beginnen. Dort sieht man, dass auch das Immunsystem altert, und dann entstehen bestimmte veraltete Zellen, die wir als seneszente Zellen bezeichnen. Diese haben zwar noch ihre Funktion, können sich aber nicht mehr teilen. Und vor allem senden sie ständig Entzündungssignale aus. Für Menschen über 50 ist es wichtig, über genügend Antioxidantien zu verfügen. Zu den Antioxidantien gehören unter anderem Kurkuma, Oregano und Grüntee-Extrakt. Auch Petersilie oder Sellerie zum Beispiel enthalten viel Apigenin, das ebenfalls ein hervorragendes Polyphenol ist, eine antioxidative Substanz. Auch das Fischöl ist hier wieder von Bedeutung. Und: Sehr wichtig sind erneut die Vitamine A, D und E, die wichtige Stoffe für die Regelung des Immunsystems sind. Sie sind äußerst wichtig, und können mit der Ernährung oder aber auch als Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden.
Ich finde es gut, dass Sie immer zuerst sagen: in der Ernährung, und wenn das nicht gelingt, ist ein Nahrungsergänzungsmittel möglich. Dass die Ernährung stets die Grundlage ist, aber dass wir diese ersetzen können, wenn dies notwendig ist.
Ja, wir müssen jeden Tag essen, und wenn man für gesunde Ernährung sorgt, ... Andererseits kann die Ernährung auch Schattenseiten haben - ich habe schon den weißen Zucker erwähnt - durch den das Immunsystem unterminiert wird, weil er für Entzündungen sorgt.
Also hauptsächlich pflanzliche Ernährung.
Ja, pflanzliche Ernährung ist gut, ganz sicher. Eventuell fetter Fisch. Und wenn Menschen das lecker finden, ist auch ein Hähnchen oder etwas Ähnliches möglich, aber der Konsum von Gemüse in der gesamten Bevölkerung muss wirklich gesteigert werden. Wir liegen im Durchschnitt bei 100-170 Gramm Gemüse pro Tag und Verbraucher. Laut den verschiedenen Gesundheitsräten sollten es 200-250 Gramm sein, tatsächlich sollten es aber 400 Gramm sein.
Das muss man dann wirklich über den Tag verteilen.
Auch die Zugabe von Kräutern ist hilfreich, selbst wenn es sich um getrocknete Kräuter handelt. Vor das Würzen der Speisen mit Oregano und Petersilie und Rosmarin ist wirklich vorteilhaft. Soweit die ältere Zielgruppe.
Wenn wir dann einen Sprung zurück machen, ist es auch wichtig, dass sich die Darmflora in den ersten Lebensjahren gut entwickelt; sie ist als erste erwachsen, ungefähr im dritten Lebensjahr. Die ersten Lebensjahre sind also sehr wichtig. Es ist gut, mit festen Nahrungsmitteln auch wasserlösliche Ballaststoffe zu sich zu nehmen. Diese sind in Karotten und Knollen und Ähnlichem enthalten. Eventuell auch Probiotika zur Unterstützung. Auch schon bei kleinen Kindern. Und ganz besonders wichtig sind erneut die Omega 3-Fettsäuren. Und auch die Vitamine A und D. In der Pubertät sehen wir öfter einen Mangel an Zink, das auch wichtig ist. Auch für kleine Kinder übrigens - nicht zu viel natürlich, aber die regelmäßige Verabreichung eines guten Multi-Produktes für Jugendliche ist dabei von Bedeutung. In dem auch etwas Vitamin A enthalten ist, damit Sie jedenfalls dafür sorgen können, dass Sie gegen diese böse Außenwelt gut gewappnet sind.
Ja, weil Kinder müssen so einiges an Krankheiten aushalten - gehört das dazu bei Kindern?
Nein, das ist wahr. Es ist gut, Krankheiten durchzustehen, das ist nicht so schlimm.
Also ist es an sich nicht schlecht, dass sie in eine Kindertagesstätte oder in die Schule gehen und dort Krankheiten auffangen.
Nein, und gerade das Hygieneparadox, dass man seine Hände zu viel wäscht, das ist zu hygienisch. Kinder müssen in der Erde wühlen können. Zu viel Hygiene ist nicht gut. Die im Boden vorkommenden Bakterien werden heutzutage auch in Nahrungsergänzungsmitteln angeboten. Legen Sie mit Ihren Kindern einen Gemüsegarten an und lassen Sie sie frisch geerntete Karotten essen. Natürlich reine Erde, nicht zu sehr verunreinigt, keine Pestizide. Einfach einen eigenen Gemüsegarten mit biologischer Erde anlegen und alles frisch genießen ist sehr gut für Ihr Immunsystem.
Und gibt es auch für Erwachsene spezielle 'Tipps oder haben sie das beste Immunsystem, das meistens gut funktioniert?
Bei Erwachsenen sieht man vor allem einen Anstieg der Autoimmunkrankheiten, und das beginnt bereits in der späten Pubertät. Bei Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sieht man beispielsweise viele Entgleisungen im Immunsystem, und zzwar Überreaktionen. Zudem hängt dies auch oft mit Stress zusammen. Und wir haben natürlich alle unsere Dosis Stress. Also ist die wichtigste Botschaft: So wenig Stress wie möglich! Ich weiß, dass das ein unglaublich schwieriger Schritt ist, aber versuchen Sie, so viel wie möglich „parasympathisch“ zu leben und nicht ständig nur im „On-Modus" zu sein, sondern Ruhe zu finden. Wenn Sie gerne Yoga machen, nur zu, wenn Sie lieber wandern, ist dies auch gut. Alle diese Dinge... Achtsam essen... Und vor allem - das wird sehr oft vergessen - gut schlafen. Schlafen, schlafen, schlafen! Und ich habe ein etwas seltsames Bild, denn wenn ich bei mir in der Praxis schaue - und diese Frage stellte ich natürlich im Rahmen jeder Anamnese - wie schlafen Sie, denn beinahe niemand schläft gut.
Es ist natürlich nicht so einfach, beispielsweise wenn man kleine Kinder hat, hat man nicht immer unter Kontrolle, ob man gut schläft oder nicht.
Und so gibt es immer wieder von außen kommende Hindernisse, die einen guten Schlaf verhindern. Diese Phase mit kleinen Kindern ist vielleicht noch in Ordnung, aber wenn man wirklich strukturell zu wenig schläft und vor allem durch Stress nachts wach ist und grübelt, muss man dringend etwas dagegen tun. Joke Dewulf hat darüber eine schöne Geschichte und auch eine gute Therapie. Ich sage auch immer: Wenn es nicht gelingt, die Basis ist wirklich, dass Sie gut schlafen. Dann müssen wir – gegebenenfalls mit bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln – dafür sorgen, dass Ihr Gehirn abends und nachts etwas zur Ruhe kommt, damit Sie gut schlafen können.
Den Stress tagsüber brauchen wir also, um bestimmte Dinge tun zu können, aber dass wir nachts wohl Ruhe finden können.
Ja.
Ernährung, Atmung und Schlaf sind die Schlüsselelemente, um das Immunsystem in Bestform zu halten. Bewegung ebenfalls.
Bewegung finde ich sehr interessant, sprechen wir kurz darüber. Wie wirkt sich Bewegung auf das Immunsystem aus?
Darüber werden wir sicher reden, weil sie von großer Bedeutung ist. Das Gleichgewicht ist wichtig. Das ist alles wie Yin und Yang, alles sehr schwierig, weil es auch wieder zu viel sein kann.
Es gibt eine neue Bevölkerungsgruppe: die „Sedentaria“. Oder: Die sitzende Bevölkerung, die den ganzen Tag am Computer sitzt, mit dem Auto zur Arbeit fährt und in der Pause ins Firmenrestaurant geht, und eventuell kurz an die frische Luft. Und dann abends vielleicht noch etwas Netflix und dann ab ins Bett. Ich übertreibe vielleicht, aber es ist sicher so, dass dies eine Bevölkerungsgruppe ist, die sich zu wenig bewegt. Dies untergräbt das Immunsystem, denn Bewegung ermöglicht es dem Immunsystem schließlich, sich zu entfalten.
Es gibt auch eine Kehrseite, nämlich zu viel Bewegung. Bei Menschen, die ohnehin schon sehr belastet sind, die viel Stress haben und häufig erkältet sind, steht das Immunsystem bereits unter Druck. Und die gehen dann noch ins Bootcamp oder absolvieren mehrere Boxtrainings pro Woche. Und das ist für das Immunsystem nicht gerade hilfreich. Dann trainiert man zu viel und untergräbt das Immunsystem.
Ich finde Sport fantastisch, auch Ausdauersport wie Radrennfahren und Marathons, aber wenn wir ehrlich sind, ist das für das Immunsystem nicht gut. Wir wissen beispielsweise - und das ist messbar - dass die Radrennfahrer nach der Frankreich-Rundfahrt ein geschwächtes Immunsystem aufweisen. Man kann einen Stoff in ihrem Stuhlgang messen - sekretorisches Immunglobulin A - der für die Schleimhaut von Bedeutung ist; er hat eine Barrierefunktion im Körper für das Immunsystem. Das ist am Ende der Radrundfahrt stark vermindert, und somit sind die Radrennfahrer sehr anfällig für verschiedene Viren und Bakterien usw.
Zu viel Stillsitzen ist also nicht gut, und zu viel Bewegung auch nicht. Was ist also der rote Faden oder die goldene Mitte: weiterhin 30 Minuten pro Tag bewegen und zweimal pro Woche intensiver bewegen, zum Beispiel. Und dann reden wir über eine Herzfrequenz von etwa 120, was gut ist. Also sich schon etwas ins Zeug legen. Zudem hat sich gezeigt, dass beispielsweise HIIT-Training, also High Intensity Training - kurz dauernde Intervalle - für das Immunsystem auch sehr positiv sein kann. Das gibt dem Herzmuskel einen guten Impuls, sollte aber nicht zu lange betrieben werden.
Es gibt auch viele Menschen, die sagen: Ja, aber ich gehe sicher nicht in ein Fitnesszentrum. Das müssen Sie auch nicht! Gehen Sie einfach spazieren, das ist auch schon gut. Schon 7.500 Schritte sind genug, um dafür zu sorgen, dass Sie beispielsweise weniger Herz- und Gefäßkrankheiten bekommen.
Und woran liegt das eigentlich? Ist der Grund dafür wirklich, dass das Herz mehr arbeiten muss und das Blut besser durchströmt?
Ja, und Ihr Immunsystem wird besser funktionieren. Als Jäger und Sammler sind wir eigentlich zum Gehen bestimmt. Wir sind so konzipiert, dass wir gehen, um etwas zu suchen, um zu sammeln und ab und zu einen Sprint einlegen. Das ist für uns Menschen charakteristisch. Wir sind weder dafür gemacht, 42 Kilometer schnell zu laufen, noch dafür, den ganzen Tag am Computer zu sitzen. Wenn Sie diesen Jäger-Sammler noch imitieren können -so viel unterscheiden sich unsere Gene nicht davon - machen Sie alles richtig. Dann wird Ihr Immunsystem vor Freude jubeln.
Bevor wir abschließen, möchte ich gerne fragen, ob Sie bestimmte Praxisfälle haben, die Sie heute noch mit uns teilen möchten?
Ja, auf jeden Fall. Zuletzt war eine Frau in meiner Praxis, die vergangenen September Covid hatte, und sie litt noch stets unter Kurzatmigkeit und Müdigkeit. Nach einer Stuhluntersuchung zeigte sich, dass eine bestimmte Bakterie (Klebsiella pneumoniae) übermäßig wuchs. Sie hatte also zu viel von einer bestimmten Bakterie im Darm. Und jetzt wird es etwas kompliziert: Diese Bakterie gibt auch bestimmte Stoffe ab. In diesen Stoffen befinden sich Endotoxine. Hier ist das Wort „endo" - innen - enthalten und auch Toxine - Giftstoffe. Und was die Frau eigentlich hatte, bezeichnen wir als „Sickness behaviour". Das heißt, dass sich jemand ständig krank fühlt, sich nicht wohl fühlt, müde ist und dass es niemals vorüberzugehen scheint. Ich habe dieser Dame eine Therapie zur Stärkung ihres Immunsystems empfohlen, mit einigen Stoffen, die ich soeben genannt habe, also gutes Fischöl, Vitamin A, D, E und K - sehr wichtig, auch für den Mund. Aber auch Probiotika, um diese Bakterie zu vermindern. Und es gibt einige sehr gute Produkte wie Oregano, die beispielsweise diese Art von Bakterien reduzieren kann. Und nach einiger Zeit stellt diese Dame fest, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt auch wieder besser wird. Zudem habe ich bei dieser Dame noch einen Stoff eingesetzt, und zwar Co-Enzym Q10. Das sorgt dafür, dass die ermüdeten Energiefabriken im Körper, die sehr wichtig ist, auch wieder besser funktionieren können.
Wie lange dauert es, bis man sich bei einem solchen „Sickness behaviour" mit Therapie wieder besser fühlt.
In diesem Fall hat es schon drei Monate gedauert. Die Bakterien kann man mit einer guten Strategie in 4 bis 6 Wochen wirklich gut reduzieren. Dann werden weniger von diesen Endotoxinen produziert, aber die Regeneration des Körpers, die danach stattfinden muss, kann noch einige Zeit dauern. Und es gibt bedauerlicherweise viele Menschen, die an einem solchen Long Covid-Syndrom leiden.
Wenn Sie jetzt denken: das habe ich auch. An wen können Sie sich dann wenden?
Sowieso an einen guten Therapeuten oder Arzt, der funktionelle Medizin oder Orthomolekularmedizin oder KPNi studiert hat. Ein guter Therapeut, der sich auch beim Immunsystem auskennt. Denn was ist das nun eigentlich, das Post Covid-Syndrom: dann ist eigentlich die Reaktion des Immunsystems nicht abgeschlossen. Das Immunsystem wird permanent angekurbelt, während diese Reaktion eigentlich abgeschlossen werden muss. Das kann man sehr gut unterstützen, beispielsweise mit Stoffen wie Lactoferrin und auch Vitamin A, D und K. Immunstärkende Stoffe, Propolis, alles um das Immunsystem zu stärken und die Energie wieder aufzumöbeln. Beispielsweise Q10 in Kombination mit Vitamin B3 und Vitamin B2. Und so gibt es viele Dinge, aber es hängt sehr viel von der individuellen Person ab. Also sich an einen guten Therapeuten wenden und vor allem gut nach der Ursache suchen. Den es kann auch wegen zu viel Stress begonnen haben. Also schlussendlich, wodurch ist etwas entstanden.